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Mittwoch, 8. Juni 2011

Frankenheimer-Reihe: Laufrad



In unserer vor Ewigkeiten begonnenen Frankenheimer-Reihe haben wir seine konzentrierten und fokussierten S/W-Betrachtungen nun verlassen und machen weiter mit dem Film, der eine deutliche Veränderung in seinem Schaffen auf ästhetischer, aber nicht auf persönlicher Ebene bedeutet. Immer noch - hier vielleicht mehr denn je - einem Authentifizierungsprinzip verpflichtet, die stellenweise völlige Erreichung eines dem Erleben der Figuren nach approximativen realistischen Gefühls der Ereignisse, schlicht Frankenheimers Versuch durch Authentifizierung Realismus und so eine Durchbrechung der vierten Wand zu erreichen. Doch anders als die anderen Regisseure mit Fernsehherkunft erleben wir kein den Schweiß der Darsteller schmeckendes Schauspielerkino wie bei Sidney Lumet und keinen am Rande zur Erträglichkeit gehenden Semi-Dokumentarismus eines Robert Altman. Es ist mehr ein Naturalismus, denn ein Realismus, den man in Frankenheimers Filmen zu sehen bekommt.

Das Anliegen des Filmes ist kein geringeres als der Größenwahn. Nachdem wir uns bis DER MANN, DER ZWEIMAL LEBTE in der Intimität der 1.66:1 Breitwand befanden und die S/W-Bilder eine artifizielle Kontemplation ermöglichten, drängt Frankenheimer mit GRAND PRIX in das Gegenteil einer jeden vorhandenen filmischen Möglichkeit. Statt Mono haben wir nun das 70-mm-6-Track-Verfahren, wo allein nur eine Tonspur für die Motorengeräusche reserviert ist. Statt Konzentration des Blicks sollen wir nun schweifen in der Breite und Detailgenauigkeit des Cinerama-Verfahrens. Knallige 60s-Farben, hell ausgeleuchtete Räume, ein international bekannter Cast, Maurice Jarres schwebende und epische Kompositionen und eine Länge von drei Stunden. Das Ganze mit entsprechender Ouvertüre und Intermission, als wären wir in der Oper.

Und so werden uns die inneren Konflikte und Beziehungen auch ähnlich oberflächlich wie in der Oper präsentiert, bei gleichzeitig irritierender Unterspielung der Darsteller. An seiner Schauspielführung hat Frankenheimer nichts geändert. Sie müssen immer noch versuchen in ihren Szenen zurechtzukommen und wirken jetzt auf der Leinwand noch verlorener als vorher. Frankenheimer greift bei seinen Figurenzeichnungen häufig in die Klischeekiste, doch anders als William Friedkin, der das desavouierende Spiel mit den Genreskills und Figuren perfekt beherrscht, überlässt Frankenheimer Figuren und Schauspieler oft sich selbst. Zu interessiert ist er an der Kamera, der reinen Beobachtung von Menschen, um sich dann so schnell wie möglich wieder auf das zu konzentrieren, was ihm wichtig ist: die Action. Weniger in dem dümmlich reißerischen Duktus gemeint, wie er gerne verstanden wird, ist hiermit ganz im Wortsinne die Bewegung, Dynamik und Interaktion gemeint. So wird GRAND PRIX dann auch die große Parabel über das Rad, seine tautologische Gleichförmigkeit, den Kreislauf des Lebens und dem gleichzeitigen Versuch seine Lebenskonflikte über die Bewegung zu transzendentalisieren. Dass alle Beteiligten dabei im Kreise fahren, ist eine schmerzliche Erkenntnis. Einen Ausbruch daraus bringt nur der Tod.

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