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Mittwoch, 11. Dezember 2013

Magical History Tour 1904

In LA SIRÈNE zeigt George Méliès bereits künstlerische Richtungen wie den Dadaismus, den Surrealismus oder sogar das Kafkaeske auf. Im Sinne des europäischen, genauer des französischen Kinos, welches auf Illusions- und Affekterleben ausgerichtet war, wird der Rezipient mit ständigen Realitätsveränderung konfrontiert. Ein Becken mit Wasser wird rückwirkend zum Aquarium umfunktioniert durch die Entwendung von Wasser aus selbigem, um durch die Zweckentfremdung eines Zauberstabes – er wird zur Angel – Fische aus einem Zylinder zu fischen, der mit Wasser aus dem Becken gefüllt wurde. Das Aquarium wird nun zu solch einem, doch plötzlich wird der Illusionist (übrigens Méliès selbst) ein alter Gaukler/Angler, der auf wundersame Weise immer mehr Fische in das Aquarium zaubert, Hasen aus dem Hut, dem Aquarium ein "Framing" verpasst, welches es plötzlich zu einem Natur-Bestandteil werden lässt und sich dann in einer Hängematte ausruhen möchte. Plötzlich ist er wieder der Illusionist vom Anfang und verwandelt schließlich die gesamte Kulisse in eine Unterwasserwelt. Mittels eines Pseudo-Zooms werden wir in eine Bild-im-Bild-Illusion gesaugt und hier erwacht in der Doppelung des Bildausschnitts eine Meerjungfrau zum Leben. Diese wird in die „erste Realität“ gezogen wird vollständig menschlich und präsentiert sich auf der Chaiselongue. Der Illusionist wird seinerseits zum Meeresgott Neptun und so erfüllt sich die Umwandlung von einem Aquarium in unserer Welt zur Unterwasserwelt. Die Assoziationskraft, mit der Méliès hier arbeitet, erscheint als reines Produkt einer unkonzeptionierten Zaubershow, die einen völlig freien Run zur Interpretation bietet. Diesen eher unbedeutenden Film im Schaffen des Regisseurs habe ich gewählt, da selbst er, vielleicht gerade wegen seiner eher uninspirierten Art, die Explosionskraft eines freien künstlerischen Geistes repräsentiert, wie er für den europäischen Film prototypischer werden sollte, im Vergleich zum amerikanischen. Ein Spielen mit dem Medium als Durchdringung unserer Wahrnehmung. Als Bestandteil unserer Welt, der die seinige zur Realität werden lässt, bis alles nur noch Fantasie bzw. die Fantasie Realität geworden ist.


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