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Mittwoch, 25. September 2013

Magical History Tour 1901

Nachdem Manfred Polak mich darauf hinwies, dass doch schon die 1910er einiges parat halten, habe ich mich schließlich entschieden, das Jahrhundert zu durchlaufen. Ich beginne also 1901 (ich orientiere mich an der historischen Zählung) und mit einem Film, der bereits die Polit-Satire beinhaltet, sowie sich dem Prinzip des Spin-Offs bedient. Der Film ist nämlich eine Erweiterung des Porter-Films KANSAS SALOON SMASHER aus dem gleichen Jahr. 

Im Jahr der Scheidung von Carrie Nation und ihrem zweiten Ehemann, David, drehte Edwin S. Porter eine Parodie auf ihr Zusammenleben. Anders als im Film dargestellt, hatten sie keine Kinder, doch nutzt Porter seine erfundene Ausgangssituation für einige, freilich für heutige Verhältnisse sehr patriarchisch-antiquiert erscheinende, Seitenhiebe der religiös eifernden Anti-Alkohol-Suffragette. Neben dem Spott, dem Mr. Nation ausgesetzt ist, stellt er aber auch gleichzeitig den unter dem Pantoffel stehenden Anti-Helden dar, wie er durch Laurel & Hardy ab den späten 1920ern zur Perfektion gebracht wurde. Der an den Herd gefesselte Anti-Held, der sich in kleinen Refugien versucht seinen Ausweg zu schaffen - in diesem Fall durch die Invertierung des großen Ideals seiner Frau, er trinkt - und der am Ende die weibliche Bestrafung erhält. Die Fügung des Mannes in ein weibliches Herrschaftsverhältnis als sexuelle Fantasie kann hier durch die klar erkennbare Parodie, man achte auf die Präsidentenbilder (?) im Hintergrund, erträglich gemacht werden.
 
 
 

Donnerstag, 19. September 2013

Magical History Tour 1890er

Sowohl auf dem Cargo-Blog, als auch bei filmforen.de, gibt es zurzeit ein interessantes Projekt, die "Magical History Tour". Hier wird jeweils ein Film aus einem bestimmten Zeitabschnitt gesehen und kurz besprochen. Ich habe bei den filmforen in meinem alten FTB bereits mit Filmen aus den 1890ern begonnen und werde hier damit fortfahren. Meinen dortigen Eintrag werde ich der Vollständigkeit halber hierher übertragen, bevor es mit neuen Einträgen weitergeht. Aus den beiden ersten Dekaden des 20. Jahrhunderts werde ich jeweils einen Film wählen, bevor ich dann ab 1920 jedes Jahr mit einem Film besetze. Ich hoffe, dass ein paar lesenswerte Beiträge dabei herumkommen:

Zwei Filme unter der Ägide Thomas Edisons entstanden, die sowohl eine zentrale Gemeinsamkeit aufweisen, als auch kontrastierend sind, sowie ein die nächste Stufe erklimmender Film.

BLACKSMITH SCENE (William K.L. Dickson / 1893)

Bereits der erste Film des Edison-Studios Black Maria, der öffentlich vorgeführt wurde, zeigt verschiedene Facetten der Filmkunst und Filmindustrie auf. Von Interesse ist nicht nur, dass er für eine kommerzielle und öffentliche Vorführung produziert wurde, sondern welche Begleiterscheinungen damit einhergingen, die eher unerkannt bleiben sollten. Zum einen sind dies einfache technische Begebenheiten der Zeit, wie das schwarze Tuch, das in vielen Filmen des Studios vorkam, um die mangelnde Raumtiefe zu kaschieren und so zu verhindern, dass die Ereignisse als weniger dreidimensional wahrgenommen wurden. Zum anderen lässt sich schon hier in erhöhter Komplexität der Täuschungswille hin zum vermeintlich Dokumentarischen finden, wenn sich Schauspieler als Schmiede ausgeben, die vermeintlich ihrer Arbeit nachgehen.

Abseits dieser bekannten und häufig angeführten Punkte, liegt eine tiefere historische Faszination in diesem Film in seinem Bemühen, die Normalität eines Arbeitsalltages einzufangen. Ein, zumindest zu dieser Zeit, völlig alltäglicher Arbeitsvorgang, wird in einer synchronisierten Rhythmik abgebildet und trägt bereits die Stilisierung der Bewegung eines späteren narrativen amerikanischen Kinos in sich. Selbst das Trinken und Weiterreichen des Bieres ist in dieser Stilisierung fast wie gefangen. Wichtig schien es für einen solchen Film, dem Publikum etwas zu zeigen, womit es etwas verbinden kann. Hier auf Basis eines Alltagserlebnisses.




THE EXECUTION OF MARY, QUEEN OF SCOTS (Alfred Clark / 1895)

In diesem von Edison direkt produzierten Film handelt es sich entgegengesetzt zu BLACKSMITH SCENE um ein historisches Ereignis, welches dem Zuschauer nahe gebracht werden soll. Jedoch verbindet beide Filme, trotz der Gegenüberstellung aus Alltag und Geschichte, ein Öffentlichkeitsinteresse. Die Hinrichtung der Mary Stuart wurde mit einem gewissen Aufwand an Statisten und einem Stop-Trick realisiert. Bestechend ist sowohl die Wirkung der Enthauptung als auch der Versuch historische Genauigkeit durch anschließendes Umherzeigen des Kopfes zu erreichen. Auch hier haben wir die Stilisierung der Bewegung, wie sie typisch für das amerikanische Kino werden sollte, sowie eine weitere Annäherung an den Versuch der Abbildung von Geschichte. Hier nicht in der dokumentarischen Form der Nachbildung einer Alltagshandlung, sondern einer Nachstellung eines bekannten historischen Ereignisses. Ähnlich wie die Annäherung an das Wahrhaftige, wie in BLACKSMITH SCENE, sollte MARY STUART einer, wenn nicht der erste Versuch sein, uns eine vergangene Epoche täuschend echt vor den Augen entstehen zu lassen.




THE KISS IN THE TUNNEL (George Albert Smith / 1899)

Zu diesem Film muss wohl nicht viel gesagt werden, da er zu den wichtigsten Filmen der zweiten Hälfte der 1890er zu zählen ist. Neben der Etablierung des unsichtbaren Schnitts, der Erfahrbarmachung von Zusammenhängen, trotz einer uneinheitlichen Bildfolge ähnlich einem Comic-Strip und einer für den Film maßstabsgebenden Narration ist auch noch erwähnenswert, dass man es hier bereits mit einer der ersten Hommagen der Filmgeschichte zu tun hat (an DER KUSS 1896), sowie einem cleveren Prinzip aus Wiederverwertung und Innovation. Die Zugfahrt des Filmes bedient sich nämlich nicht nur der Technik des Phantom Rides, sondern ist aus einem früheren Phantom-Ride-Film des Filmemachers Cecil Hepworth aus dem Jahr 1897 entlehnt. Smith hat somit aus Stock-Footage und neu gedrehtem Material einen neuen Film mit neuer erzählerischer Ausrichtung geschaffen. Die filmhistorisch interessante Weiterentwicklung zu den beiden vorangegangenen Filmen besteht vor allem darin, dass der Phantom-Ride-Film seinerseits einen dokumentarischen Anspruch verfolgt und einer seiner Vertreter nun in Kombination mit einer Spielhandlung, dem Kuss im Abteil, die nächste Stufe zum narrativen Kino darstellt bzw. bewies, dass das Publikum problemlos in der Lage ist, Bildfolgen zu Sinneinheiten zu verbinden. Gleichzeitig zeigt er aber auch indirekt, wie leicht man das Publikum durch den Schnitt in seinem Wunsch nach stringenter und logischer Narration täuschen kann.





EIM BUCK!



(THE LAST STAND)
USA 2011-2013
Regie: Kim Jee-Woon

Abgesehen davon, dass ich mich zurückmelde, hat sich 2013 auch jemand anderes zurückgemeldet. Davon hat, bezogen auf die Welt bzw. dem Box Office, kaum jemand Notiz genommen. Um eine Bestandsaufnahme, warum dies so gewesen ist, geht es mir nicht. Mehr geht es mir darum, dass es mutig war von Schwarzenegger, sich für dieses Projekt zu entscheiden, statt für die 10 Trillionen-Dollar-Produktion, die man ihm angeboten hat. Offensichtlich wollte Arnie mal in einem Western mitspielen. Stimmt so nicht ganz, denn 1979 spielte er ja bereits eine Hauptrolle in dem Western KAKTUS-JACK. Doch dies war mehr eine Parodie auf die Skills klassischer Westernfilme im Gewand eines Road-Runner-Cartoons. In THE LAST STAND sollte es ein neoklassizistischer Spätwestern werden. Spätwestern, weil eben jeder Western, der nach John Fords DER MANN, DER LIBERTY VALANCE ERSCHOSS entstand, ein Spätwestern ist und neoklassizistisch, weil die Skills des Westerns zwar in ein zynisches Gegenwartsgewand gepackt werden, doch ihr Funktionieren ganz konventionell gesichert wird. Kim Jee-Woon hat offensichtlich kein Interesse am Prätentiösen oder an der weiteren Mythologisierung seines Hauptdarstellers. Dieser ist eben alt geworden. Er muss sich eine Brille aufsetzen, wenn er etwas genauer erkennen will, er keucht, wenn er über seine Veranda schreitet, er ist langsam, wenn er mit der Pumpgun ihm waffen- und alterstechnisch überlegene Gegner aus dem Weg räumt, er watschelt schwerfällig im Entengang in der eng sitzenden Uniform. All das inszeniert Kim sehr unaufgeregt und trocken. Die bei Arnie zu erwartenden One-Liner und selbstironischen Seitenhiebe fallen zahm, fast desinteressiert aus. Ja, auch der Dümmste erkennt, dass der Film nicht nur um Arnie herum gebaut wird, sondern er auch in einem mitspielt/mitspielen soll. Nein,… ich werde hier jetzt nichts Analytisches über den Film schreiben. Ich werde ihn weder interpretieren, noch in einen (filmhistorischen) Gesamtzusammenhang zum Genre stellen. Zu diesem Film muss nichts gesagt werden, weil es in seiner Offensichtlichkeit, wie bei allen Hollywood-Filmen größerer Vermarktung der letzten 20 - 30 Jahre, so hervorsticht, dass man sich beim Friseur schon das Gehirn schneiden lassen muss, um es nicht zu bemerken. Es ist eine seltsame Gegenüberstellung aus einem schlecht gealterten Star des physischen Männerkinos und schlecht gestalteter Computerwelten, die der Film in Form seiner am Computer entstandenen Autostunts, seiner am Computer entstandenen Explosionen, seiner am Computer entstandenen Splattereffekte, oder seiner am Computer entstandenen Architektur präsentiert. Ein wenig erinnert mich der Film gerade an McQ SCHLÄGT ZU. Gut, Kim ist kein Sturges, doch Arnie ein John Wayne unserer Zeit und so stolpert Arnie genauso hilflos durch die schlecht am Computer generierte Westernkulisse wie einst der Duke durch einen Großstadtkrimi. Und so wie der Duke einigermaßen bei der Sache wirken musste, wenn er mit der Maschinenpistole urbane Kriminelle zur Hölle schickte, so muss Arnie hier entsprechend altersweise den zurückgezogenen Cowboy-Sheriff geben, der den mexikanischen Drogenbaron in seinem High-Tech-Mobil in der klassischen Westernkonfrontation zur Strecke bringt. Ein deutlicher Beweis, wie Legenden sich selbst überleben.