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Mittwoch, 6. April 2011

Märtyrer


VS.


Es ist irgendwie komisch. Ich habe die beiden oben genannten Filme in kurzer Folge gesehen. Beide haben eine ähnliche Handlung, beide sind mehr oder weniger vom Shane-Mythos beeinflusst, der seinerseits die Zerrissenheit von Saulus/Paulus in sich trägt und damit auf einen wesentlich älteren und größeren Mythos bzw. schon religiöse Dimensionen verweist. Vergleichen wir aber eine wesentlich kleinere Zeitspanne, also das knappe Vierteljahrhundert, welches zwischen beiden Filmen liegt, ist es um so erstaunlicher wie unterschiedlich beide Filme ihre ähnliche Geschichte angehen. Da haben wir einmal einen professionellen Killer (Malone) der CIA, der zu viel gemordet und zu viele Tote gesehen hat, der eine bewegte Vergangenheit hat, keine Familie und nun ziellos umher driftet. Da wird er plötzlich im Herzen Amerikas in einen Konflikt hineingezogen, der von einem ultrarechten Großindustriellen heraufbeschworen wird, der riesige Mengen Land kauft und vorhat, eine Art ethnische Säuberung in seiner Heimat durchzuführen. Malone besinnt sich seiner Fähigkeiten und schlägt sich auf die Seite der Unterdrückten. In MACHETE haben wir einen professionellen Killer (Machete) der Bundesagent ist, der zu viel gemordet und zu viele Tote gesehen hat, der eine bewegte Vergangenheit hat, keine Familie (mehr) und nun (scheinbar) ziellos umher driftet. Da wird er plötzlich in Texas, einer der Staaten im Herzen Amerikas, in einen Konflikt hineingezogen, der von einem ultrarechten Senator heraufbeschworen wird, der eine Art ethnische Säuberung in seinem Staat durchführen möchte. Machete besinnt sich seiner Fähigkeiten und schlägt sich auf die Seite der Unterdrückten.

Soweit in sehr groben Zügen die Handlung. Die Betrachtung der Filme hat mich zu der Frage geführt, was eigentlich an der heutigen Zeit nicht stimmt. Da haben wir in beiden Filmen das Thema des Rassismus, der Bauern- bzw. Wählerstimmenfängerei durch populistische Phrasen und die Schwierigkeit etwas gegen den versteckten Alltagsrassismus zu unternehmen. Da ist die Ausbeutung von Menschen, die versuchen sich etwas aufzubauen und sich doch nie werden hoch arbeiten können. Die ewig nur Spielball weit mächtigerer Interessen sind und recht skrupellos aus dem Weg geräumt werden, sollten sie Widerstand leisten. Ein leider Gottes sehr wahres Thema, auch wenn wir, insbesondere in Deutschland, sehr gut in der Lage sind so etwas zu ignorieren bzw. als Filmklischee abzutun. Warum ist es nun so, dass dieses Thema in MALONE mit einer Art feierlichem Ernst und einer schon als reflexiv zu bezeichnenden Einstellung zur reaktionären Figur zelebriert wird, während es in MACHETE allenfalls noch als Aufhänger für eine Nummernrevue herhält und folgerichtig alle Figuren zu einer Lachnummer verkommen? Glaubt ein Robert Rodriguez tatsächlich, wir hätten den Rassismus in unserer bzw. man hätte ihn in der amerikanischen Gesellschaft so weit überwunden, dass man alle Klischees zum Thema nur maßlos überdehnen muss und schon hat man die Unsinnigkeit des Rassismus dargestellt. Lachen wir nicht eigentlich, sofern man lacht, nicht eher über die Angst, die wir haben bzw. die Angst vor der Möglichkeit, dass die in MACHETE nur ins Lächerliche gezogenen Ereignisse doch irgendetwas mit der Realität zu tun haben könnten? DeNiro muss in seiner Rolle als rechter Politiker wie eine Cartoonfigur erscheinen und er macht es gut. Die Red-Necks müssen einfach nur Pappnasen sein, die Hispanos sind alles coole Ärsche, mit Chic und jeder Menge Dirty-Sanchez-Humor und Machete ist Jesus. Vielleicht ist darin einer der Gründe zu finden, warum Machete sich nicht bewegen braucht (abgesehen vom ca. 100-jährigen Danny Trejo), keine Mimik zeigen muss und auch ansonsten die Energie eines Scheintoten ausstrahlt. Ikonen brauchen sich nämlich nicht mehr bewegen. Sie werden allenfalls noch auf einem kleinen Rollbrett stehend zu den Ereignissen gefahren, um dort ein, zwei angedeutete Bewegungen durchzuführen. Den Rest erledigen andere Bedienstete am Computer. Malone hat es da nicht so leicht. Er muss noch selbst zupacken, seine Geliebte rächen. Überhaupt seine Geliebte. Was für eine starke Frauenfigur, die knochentrocken einen Mord begehen kann und trotzdem weibliche Güte in der Lage ist auszustrahlen (Lauren Hutton eben). Bei Rodriguez gibt es zumindest ein paar Teeniefotzen, die sich als selbstbewusste Frauen geben, mit 21 ihre 50-jährige Berufserfahrung vorweisen können und auch ansonsten Derivate unserer Leistungsgesellschaft sind, alle kurz vor dem anorektischen Schock. Doch das eigentliche Verbrechen, das MACHETE begeht, ist eigentlich gar nicht so sehr, dass er ein ernstes Thema zum Kinderklamauk aufbereitet, sondern dass er langweilt. Nicht ein Tabubruch, nicht eine plastische Härte... nichts. Jeder Film der zitierten Zeit hat mehr Herz als dieses Bauklotzmonstrum einer Kommerzmaschinerie, deren Beteiligte sich permanent als Fans der damaligen Kinozeit ausgeben, aber irgendwie so überhaupt nicht verstanden zu haben scheinen, was das besondere Prinzip der B- und C-Filme der 1970er war. Wenn MALONE am Ende seinem Schicksal begegnet, wird er damit konfrontiert, dass ihn vom rechtsextremen Bösewicht nichts mehr unterscheidet. Er ist ein Killer, der, selbst wenn er mal etwas Gutes tut, immer eine leere, identitätslose Hülle bleiben wird. Bei Machete soll uns eingeredet werden, dass es cool ist, diese Hülle zu sein. Nun ja, jeder wie er kann.

Da Bilder mehr sagen als tausend Worte hier ein Vergleich der beiden in ihrem selbstgeschaffenen Inferno. Während der eine ausgebrannt, leer und am Ende ist, frage ich mich, warum der andere nicht einfach mit seinem Schwanz alle niederstreckt. In was für einer langweiligen Zeit leben wir, in der man Angst hat bei aller Poserei um den Exzess und vorgetäuschten Tabubruch, bei aller Erstarrung in der Behauptung aus Versehen tatsächlich mal etwas zu sagen.



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