Dieses Blog durchsuchen

Donnerstag, 11. August 2011

Umbrüche


Sam Peckinpah gehört in die Riege derjenigen, die sich ihre Sporen (Wortwitz lass nach) bei Westernserien fürs Fernsehen verdient haben. Als Intellektueller, der immer gerne ein Prolet sein wollte, hatte er es schwer im klassischen Studiosystem bzw. wäre auf keinen grünen Zweig gekommen, hätte es zum Dekadenwechsel 50er/60er nicht den Wandel im (amerikanischen) Kino gegeben und hätten sich nicht so viele Freunde und Bekannte für ihn eingesetzt. So können wir bei GEFÄHRTEN DES TODES noch jede Menge Ford und schon einiges an Spät- und Italowestern erkennen.

Ein kräftiger aber abgekämpft aussehender Cowboy stampft in eine Spelunke und sieht ein grausiges Todesspiel. Ein Falschspieler wurde gefesselt und mit dem Galgen um den Hals auf ein Fass gestellt. Mit dreckigem Grinsen beobachten die Gäste seinen Kampf. Je mehr das Fass hin und her rutscht, umso enger wird die Schlinge. Zuerst uninteressiert, mischt sich der Cowboy plötzlich ein und fordert die Freilassung. Ein Freund des Falschspielers, der Revolverheld Billy Keplinger, betritt ebenfalls den Raum und zu dritt gelingt ihnen die Flucht. Von irgendeinem Kaff, wo es eine Bank gibt, redet der fremde Cowboy. Da solle man hin. Das Trio reitet daraufhin in das Städtchen, wo der Montag ein Sonntag ist. Zumindest für die streng gläubigen Puritaner des Ortes. Der Gottesdienst wird im Saloon abgehalten, da man keine Kirche hat. Unter den Anwesenden befindet sich eine Hure, welcher der Hass der anderen Frauen entgegen gespien wird. Einen Bastard habe sie, ein Gör, das keiner haben will. Wenige Minuten später wird dieses Gör von unserem fremden Cowboy erschossen. Versehentlich, weil er gerade einen Banküberfall verhindern wollte. Die Hure will ihr Kind daraufhin aus der Stadt bringen. Bei diesem Pack soll ihr Junge nicht seine letzte Ruhe finden. Dafür muss sie durch das Indianergebiet. Ausgerechnet der fremde Cowboy will sie begleiten. Doch die Strauchdiebe, die er sich am Anfang angelacht hat, kommen mit.

In seinem zusammengerumpelten Kino-Regiedebut transzendiert Sam Peckinpah den Western in Bereiche, die nahezu alles von dem vorwegnehmen, was Monte Hellman einige Jahre später in RITT IM WIRBELWIND und DAS SCHIESSEN getan hat. Konventionelle Handlungsverläufe oder dramaturgische Spannungskonstruktionen werden mehrfach unterlaufen, die Figuren reden auf Meta-Ebenen aneinander vorbei oder stellen sich und die Umwelt infrage. Aktionen scheitern schon in ihrem Ansatz - ein Kind wird von der Hauptfigur getötet als sie einen Überfall verhindern will - oder kommen, trotz vorheriger Ankündigung durch eine dramaturgische Verdichtung, gar nicht erst zustande. Der Hauptplot wird mehrfach verworfen. Stattdessen baut Peckinpah die Nebenplots so aus, dass man sie für wichtig halten könnte, doch am Ende wird dann alles wieder in einem konventionellen Sinn zusammengeführt. Durch das Happy End erkennt man am deutlichsten, dass Peckinpah sich genau an das Drehbuch zu halten hatte. Doch auf die wundersame Weise, die nur der Film beherrscht, schafft er es doch "sein Werk" daraus zu machen. Der Eindruck dadurch ist ebenso verstörend wie experimentell. William Clothiers Kameraarbeit ist hervorragende Breitwandfotografie in einer kargen Endzeitlandschaft. Wieder einmal ein Western als Endspiel inszeniert.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen