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Dienstag, 17. Januar 2012

Minnelli-Reihe: Wahnsinn und Männerliebe

VINCENT VAN GOGH - EIN LEBEN IN LEIDENSCHAFT

Tjaaa-a-aaa. Eine hochanständige und qualitativ hochwertige Hollywoodproduktion, die trotzdem den Esprit ihres Regisseurs vermissen lässt. Zu sehr wird sich damit beschäftigt Stationen im Leben van Goghs abzuhandeln. Minnellis Leitmotiv der Darstellung seelischer Zustände (in seinen Musicals und Komödien glücklich, in seinen (Melo-)Dramen innerlich zerrissen) ist zwar immer wieder spürbar, wird aber nicht so konsequent wie es das Spiel Kirk Douglas' verlangt aufs Tapet gebracht. Die farbliche Gestaltung und die Raumanordnung des Bildkaders - oft an die jeweilige "Phase" (er malte ja nur ein paar Jahre) van Goghs angepasst - ist fantastisch, die Einbindung seiner tatsächlichen Werke holprig und effekthascherisch. Die Dichte, auch was die Breitwandfotografie und -Dramaturgie angeht, gelingt Minnelli hier nicht so überzeugend wie in seinem Nervenheilanstalt-Drama DIE VERLORENEN und in diesem war sogar noch Zeit für Humor.

ANDERS ALS DIE ANDEREN

Inszenatorisch ist Minnelli hier wieder mehr bei sich, aber verfranzt sich gegen Ende wiederum. Zwei Skandale in einen Film zu packen war zwar gewagt, verkommt aber zum Tanz auf rohen Eiern. Die sympathische männliche Hauptfigur ist schwul (oder zumindest unmännlich, was zu Zeiten des Codes dasselbe war) und die ältere weibliche Hauptfigur begeht Ehebruch mit eben jenem schwulen Minderjährigen, um ihn innerlich zu befreien. Psychologisch interessant aber unzureichend gestaltet. Trotzdem gelingt es Minnelli auf fantastische Weise ein Portrait einer Zeit einzufangen, in der Schwul-Sein in Hollywood IT war.

Was mir nun bei beiden Filmen auffiel war, dass Minnelli sich in der Größe seiner Cinemascope-Bilder verliert und trotz Verwendung einer Bühnenoptik nicht immer das Bild zu nutzen weiß und, schlimmer noch, nicht mehr auf die Montage vertraut. Waren seine Filme bis 1953 z.T. furiose Schnittkaskaden, schläfern sie nun ein. Etwas mehr Einflussnahme hätte ich dem zu diesem Zeitpunkt bedeutendsten Regisseur der MGM-Studios schon zugetraut. Komischerweise ist das beim nachfolgenden WARUM HAB' ICH JA GESAGT auch schon wieder alles anders, obwohl Adrienne Fazan da auch den Schnitt besorgt.         

6 Kommentare:

  1. Bis vor wenigen Wochen hätte ich mich über die Artifizialität des "van Gogh"-Films ausgelassen. Dann sah ich John Huston's "Moulin Rouge" (1952)...

    Den Effekt von "Tea and Sympathy" auf den 10-jährigen Whoknows habe ich ja mal irgendwo angedeutet: Er schämte sich, dass er auf Männer steht. Allerdings frage ich mich, wie ein 10-Jähriger überhaupt merken konnte, worum es im Film ging. Vermutlich gabs Andeutungen der ebenfalls sichtenden Eltern. - Ich las als Student dann das Bühnenstück von Robert Anderson: Nicht eine Spur weniger verklemmt und sich in Andeutungen erschöpfend. Minnelli wartet immerhin mit einem grossen Plus auf: mit Deborah Kerr. Dass er ein Bühnenstück verfilmte, könnte aber auch zu dem geführt haben, was du zu Recht kritisierst.

    Ich bin mal auf deine Besprechung von "Warum hab' ich ja gesagt?" gespannt! Die Sichtung (vor längerer Zeit) kam mir endlos und nicht minder endlos langweilig wor - trotz Lauren Bacall.

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  2. In Deinem vergleichenden Text zu den beiden Filmen zeigst Du auf schön differenzierte Weise die Stärken, aber auch die inszenatorischen Schwächen Minnellis auf, die mit seinem Wechsel zum Breitwandformat einherzugehen scheinen. Seine Filme sind seither etwas behäbiger geworden und von der Inszenierung her könnte man sagen, uninspiriert.

    BGRIGADOON, der erste dieser neuen Entwicklung, war katastrophal starr und, ich muss sagen, nahezu öde. Nichts gegen die schwelgerischen Bilder an dieser Stelle, aber über den Wechsel in den engen, quirligen, nervtötenden Betrieb in dem New Yorker Club war ich äußerst dankbar; ich fühlte mich wieder lebendig !

    Interessantes Detail, Who knows hat mich gerade darauf gebracht, dass Deborah Kerr sowohl die Ehebrecherin in ANDERS ALS DIE ANDEREN als auch ebenjene in Frankenheimers DIE DEN HALS RISKIEREN spielt…

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  3. Und in VERDAMMT IN ALLE EWIGKEIT auch ;)

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  4. Jetzt, wo ihr darauf zu sprechen kommt: Sogar in "Vor Hausfreunden wird gewarnt" (The Grass Is Greener, 1960) liess sie sich als verheiratete Gräfin von Robert Mitchum ins Bett kriegen - wenn auch eher im komödiantischen Umfeld. Würde man der "schwarzen Narzisse" gar nicht anmerken, wenn man sich durch ihre Filmographie wühlt. ;)

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    1. Jaja, diese unterkühlten Britinnen! ;-)
      In KÖNIG SALOMONS DIAMANTEN suchte sie ja eigentlich auch ihren verschollenen Mann, aber da war ja noch Stewart Granger ...
      Und dann dieser Knabe in SCHLOSS DES SCHRECKENS - wenn man den Film so sehen will (was man kann, aber nicht muss).

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  5. Und dann dieser Knabe in SCHLOSS DES SCHRECKENS - wenn man den Film so sehen will (was man kann, aber nicht muss).

    Also bitte, du Ferkel von einem Co-Admin. ;) Sie schreckt ja regelrecht zurück, als ihr der kleine Miles einen Kuss auf den Mund drückt, die Gute. Aber wie auch immer man den Film sehen will (meines Erachtens ist sie auf den Onkel der Kinder scharf): Sehen muss man ihn!

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