SCHLOSS VOGELÖD
Murnau nutzt das Gerüst eines angelsächsisch inspirierten Whodunit, um
eine psychoanalytische Durchdringung auf Basis
hermeneutisch-konstruktivistischer Ausrichtung abzubilden. Die Welt wird
durch die inneren Zustände der Figuren nicht nur geprägt, sondern ist
eine mit ihr reziprok verbundene, fast schon verschlungene Einheit, so
wie die Umgebung die inneren Zustände der Figuren bildet und formt. Was
als "nervöser Mann" in der Figurenzuordnung eingeführt wird und namenlos
bleibt, arbeitet extrinsisch mit der Abwehr des herzhaften Alleskönners
und wird intrinsisch in seinen Träumen von schlimmsten Deformationen
heimgesucht, welche ihn in die Dunkelheit jenseits des Fensters ziehen.
Ein Küchenjunge kann seine ES-Strukturen träumerisch ausleben, in dem
die Personifizierung des Allvaters persönlich ihm den Wanst vollstopft
und er als Belohnung für die Völlerei mit jedem Sahnelöffel seinen
Vorgesetzen züchtigen darf. Das rationale Element, vertreten durch die
im angelsächsischen Raum typische Abduktion, wird ausgehöhlt durch
Täuschung und Nutzung religiöser Wahnstrukturen. Nur die Lüge und das
Irrationale können hier aufklären. Autoritäten wie ein Richter, der
meint Klarheit schaffen zu können, werden dezent der Lächerlichkeit
preisgegeben. Die Charade führt zum Ziel. Der Versuch die
de-sexualisierte Erleuchtung zu finden, wird der sexuellen Raserei
gegenüber gestellt. Lust bringt Tod und Schuld, weil "das Reine" unfähig
ist zu verstehen. Die Rückblenden sind mit viel Umgebungslicht
versehen, so dass sie wie eine Dokumentation wirken. Die Realität ist
mit so viel künstlichem Licht und Viragierung versehen, dass sie nur
unwirklich erscheint.
Eine der bekanntesten Einstellungen des Films wo Rückblende auf
Tatsächliches und die Traumsymbolik das Verhältnis von Geschlecht und
Figuren widerspiegeln. Die Halle als gescheiterter Ort der Begegnung,
die Tür als Symbol der Grenze. Beides steht für den Beginn neuer
Beziehungsmuster, deren Grundlage hier der Tod ist.
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