STADTGESPRÄCH
Fords 16. Tonfilm führte ihn zum ersten Mal zur Columbia. Der Film wurde
1934 realisiert und kam im Februar '35 in die Kinos. Niemand Geringeres
als Edward G. Robinson sollte die Hauptrolle spielen und Ford drehte
hiermit einen seiner wenigen Kriminalfilme. Und so ist STADTGESPRÄCH in
vielen Belangen als ungewöhnlich zu bezeichnen. Ford liefert im Grunde
mehrere Richtungen in einem Film ab. Erzählt wird die Geschichte eines
schüchternen und duckmäuserischen Büroangestellten, Arthur Ferguson
Jones, der rein zufällig dem Staatsfeind Nr. 1, "Killer" Mannion, bis
aufs Haar gleicht. Was Ford aus der Geschichte vom "bösen Zwilling"
macht, ist in den extremsten Szenen eine das Genre bis zur Groteske
parodierende Komödie, in der ersten Hälfte mit derartiger
Hochgeschwindigkeit inszeniert, dass es fast schon zu viel wurde. Dann
das Tempo rausnehmend, um den Film doch noch eine ernste Note zu geben
und die eigentlich erst im film noir wirklich entwickelte Geschichte,
dass "Der Gute" sich im "Bösen" wiederfindet und umgekehrt auch noch
mitlaufen zu lassen. In nicht mal 12 Stunden ändert sich das Leben des
Arthur Jones. Morgens, zum ersten Mal seit 8 Jahren, verschläft er, wird
deswegen befördert und entlassen gleichzeitig, wird in der Mittagspause
als "Killer"Mannion identifiziert, wird in einer der größten
Polizeiaktionen der Stadt New York verhaftet, während seines Verhörs von
der Presse bereits als "gefasst" bezeichnet, ist fast schon bereit, die
andere Identität anzunehmen, die Stimmung in der Stadt wird zur reinen
Hysterie, die Fingerabdrücke werden schnell rein gereicht und entlasten
Jones, nun bejubelt ihn die Presse - gerade rechtzeitig zur Abendausgabe
- als den Doppelgänger von "Killer" Mannion und Jones, der wieder zur
Arbeit torkelt, erhält von seinem Chef, der die Presse nutzen möchte zu
Werbungszwecken, den Auftrag Geschichten über sein Alter Ego zu
erfinden. Abgefüllt vom Boss und in Selbstgesprächen große Reden
schwingend, im Geiste mit einer "Pfeife wie Mannion" abrechnend, kommt
er in sein Ein-Zimmer-Appartement. Da die Hysterie und die Geschichte um
den Doppelgänger innerhalb von wenigen Stunden derart die Runde in der
Stadt gemacht haben, hat der Staatsanwalt dem armen Jones einen Pass
ausgestellt, der ihn als Jones identifiziert. So hat er Ruhe, da ihn
sonst "alle 15 Minuten" ein Polizist auf irgendeinem Revier anschleppt.
Doch bei ihm zu Hause wartet jemand, der den Pass gut gebrauchen kann:
der echte "Killer" Mannion. Ein auch nach 80 Jahren durch den Schnitt
und die Kamera kaum gealterter Film. Robinson erweiterte hier sein
Rollenspektrum, da er bis dahin in Hauptrollen ausschließlich
Bösewichter spielte. Seine Kontrastierung beider Figuren, die
hervorragende Doppelgänger-Tricktechnik und Fords alle Ebenen der
Erzählung bis zur Perfektion beherrschender Stil, machen den Film zu
einem kleinen Meisterwerk des Gangster-Genres der 1930er. Es gibt
Filmhistoriker, die sich wundern, warum dieser Film filmgeschichtlich so
vergessen wurde. Leider wird der Ruf des Regisseurs damit
zusammenhängen.
Rasende Kamerafahrt durch den Bürostress
Jones führt ein sehr ereignisloses Leben
Clark, die geheime Liebe Jones', interessiert sich wenig für Arbeitsmoral
Die Schande der Nation: "Killer" Mannion
Jones testet, ob er wirklich so scheußlich aussieht, wie die Presse es
über Mannion berichtet. Ford arbeitet mit einem gern genommenen Motiv
des film noir: der Spiegel
Ford zeigt die durch den Staat aufgeheizte Stimmung Gangster zu
Staatsfeinden zu erklären in ihrer ganzen Lächerlichkeit durch das
Verhalten des Staatsapparates
Ford zeigt in Überblendungen wie Jones von der Presse fertig gemacht wird
Der kleine Angestellte wird vom Chef plötzlich zur Kenntnis genommen. Mit ihm kann man (kostenlose) Werbung machen
"Killer" Mannion findet das alles wenig erheiternd
Jones oder Mannion?
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